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06. Dezember 2024
Ohne Worte: Schweigen ist Kommunikation.
Wir leben in einer wortreichen Zeit. Sprachlosigkeit wird allzu schnell mit Antwortlosigkeit übersetzt. Wer das letzte Wort hat, gewinnt. Dabei ist ja keine Antwort auch eine Antwort, wie es das alte Sprichwort auf einen kurzen Nenner bringt. „Blicke sagen mehr als tausend Worte“ behauptet ein weiterer Spruch, andere berichten vom „lauten Schweigen“ oder betonen, dass „Schweigen Gold“ ist.
Spontan die richtigen Worte zu finden, vor allem in stressigen Situationen, klingt wahrlich nach einer Herausforderung. Ob bei einem Vortrag vor Publikum, einem Vorstellungsgespräch oder bei einem Angriff: Viele „gute Worte“ fallen einem erst später ein, wenn die Situation vorbei ist und das „klare Denken“ wieder einsetzt. Stress und Angst hemmen das logische, kreative Denkvermögen. Man könnte sagen „Stress macht dumm“. Daher könnte es ein kluger Ratschlag sein, sich beim Denken und Sprechen Zeit zu nehmen, damit erst gar kein Stress aufkommt. Vor allem macht auch die Reihenfolge einen Unterschied: Erst Denken, dann sprechen. Nicht immer scheint das zu gelingen. Eine Erfolg versprechende Reihenfolge wäre Zuhören, Nachdenken, Sprechen. Wobei das Nachdenken eine Denkpause wäre, also die Kommunikation ohne Worte. Manchen Menschen kann man sogar beim Denken zuschauen, wenn die inneren Klärungs- und Suchprozesse aktiv werden. Mimik und Bewegung werden dann anders. Diese Reihenfolge hat einen schönen Nebeneffekt: Wir können achtsam bei unserem Gegenüber mit unserer Aufmerksamkeit verweilen, ohne dass wir bereits mit eigenen Gedanken (zum Beispiel Gegenargumenten) beschäftigt wären. Wir bekommen mehr Input.
Pausen sind Schweigezeiten. Für manche Menschen scheinen Pausen schwer aushaltbar. Sie sind es gewohnt, wenn ein Wort das andere gibt, ganz in der Form eines Schlagabtausches. Deshalb haben Schlagfertigkeitstrainings auch eher Konjunktur als Schweigetrainings. Die Stille wirft uns auf uns selbst zurück, verlangt, dass die innere Unruhe zur Ruhe kommt. Daher finden wir „ohne Worte“ als beunruhigend, herausfordernd aus der alten Gewohnheit.
Schweigen schafft eine Win-Win-Situation, wenn man sie zulässt und nicht mit weiteren Worten flutet. Es beruhigt den Dialog und die Gemüter, es schenkt Zeit zur Reflexion, macht empathisch für sich selbst und dem Gegenüber. Schweigen setzt Akzente und baut einen Spannungsbogen auf. Es ist ein wesentliches Element der Dramaturgie. Vielleicht braucht es etwas mehr Mut, sich für das Schweigen zu entscheiden als das nächste Wort zu äußern: Lieber dumm geredet als klug geschwiegen, könnte man vermuten. Der kluge Konfuzius soll einmal gesagt haben „Lerne zu schweigen und du merkst, dass du viel zu viel geredet hast.“ Meine Coachees „störe“ ich manchmal mit bewusst akzentuierten Pausen. Dann steht die Energie im Raum, förmlich greifbar. Die Inhalte können sich dann zusammenfügen. „Ohne Worte“ ist inzwischen eine meiner Lieblingsinterventionen.
„Aber wenn die Dummen immer das letzte Wort haben, bringt uns das auch nicht weiter“ meinte neulich ein Klient. Der Hinweis hat mich erstmal sprachlos gemacht. Ist da was dran? Etwas später fiel mir dazu ein anderer Spruch ein. Wenn es mit den Dummen einfach unerträglich wird gibt es eine Rettung: „Der Klügere kippt nach!“ Prost.