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23. September 2022

Sorry, das ist mein wunder Punkt.

Empfindlichkeiten sind ein machtvolles Instrument.


Du weißt doch ganz genau, dass ich darauf empfindlich reagiere.
Warum tust du das?"


Kennen Sie Ihre wunden Punkte? Auf welchem Minenfeld sollte man sich bei Ihnen mit größter Vorsicht bewegen? Rote Linien, rote Tücher, empfindliche Stellen, all das sind Umschreibungen für einen Auslöser, der als psychische Reaktion eine Kränkung zur Folge haben kann. Kränkungen der Seele sind wie Verletzungen des Körpers.  Beides, Kränkungen und Verletzungen, verursachen Schmerzen, die neurologisch in den gleichen Hirnarealen angesiedelt sind. Wer sich also durch Worte oder Taten psychisch verletzt fühlt, erlebt tatsächlich dazu parallel oft auch Schmerz. Insofern wundert es nicht, wenn man dieses Leid von sich halten möchte. Zum Beispiel durch entsprechende Instruktionen des sozialen Umfelds: "Das solltest du besser vermeiden" oder "Wieso bohrst du schon wieder mit deinem Finger in dieser Wunde?" 


"Jeder Mensch hat seinen wunden Punkt, und das erst macht ihn menschlich."
Oscar Wilde


Sicher, wir müssen nicht jeden Finger in fremde Wunden legen, nicht jedes Fettnäpfchen als Trampolin missbrauchen. Wir tragen durchaus Verantwortung, welche Themen wir in welche Art ansprechen. Die Kränkbarkeit anderer Menschen ist manchmal sogar Teil einer gemeinsamen Geschichte. Gerade in Familien und Partnerschaften können die "empfindlichen Stellen" Teil einer Beziehungserfahrung sein. Da wäre es töricht so zu tun, als ob einen die Verletzbarkeit des Gegenübers nichts anginge. Sensibilität hilft oft weiter.

Zu viel Sensibilität kann allerdings eine "Heilung" erschweren oder ganz verhindern. Denn die Rücksichtnahme auf die wunden Punkte anderer Menschen ist nur die eine Seite der Medaille. Eine wirkliche "Genesung", eine "gesunde Seele", kann nur aus dem verletzten Mensch selbst kommen. Das setzt voraus, sich aktiv mit den eigenen Überzeugungen auseinanderzusetzen. Kränkungen sind oft keine Absicht der Anderen, sondern die Folge von eigenen Interpretationen. Wir machen unsere Werte zum allgemeinen Maßstab und sitzen der Illusion auf, alle anderen müssten die gleichen Werte und Prinzipien vertreten. Um diese Arbeit zu vermeiden, bieten sich Grenzsetzungen an: "Lass es!" Die Botschaft dahinter: Wenn es mir schlecht geht, bist du es Schuld. Eine fatale Wenn-Dann-Verbindung für beide Seiten. Jede Äußerung ist eine potentielle Bombe, die hochgehen kann. Und gleichzeitig macht sich der kränkbare Mensch massiv abhängig von seinen Interaktionspartner*innen.

Aus meiner jahrelangen Begleitung von Klient*innen weißt ich, dass leicht kränkbare Menschen oft ein Thema mit dem eigenen Selbstwert haben. Sie nehmen viele Dinge sehr persönlich. Im Hintergrund das Dauerrauschen der Frage "Bin ich in Ordnung?". Selbstzweifel und Unsicherheiten sind klassische Ausdrucksformen "hypersensibler" Persönlichkeiten. Dabei ist gerade der souveräne Umgang mit Unsicherheiten für sie ein zentrales Thema - und die Arbeit an den eigenen Verletzungen. Viele Menschen wissen um ihre wunden Punkte. Andere werden durch ihre emotionalen Reaktionen damit konfrontiert. Das bietet Chancen, sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Und wieder die Verantwortung für die eigene Zufriedenheit zu übernehmen:

"Ich entscheide, wer mich kränkt. DU nicht!" 
Das macht das Leben oft deutlich leichter.